Dabei muss man Geschäftsführung und Mitarbeitende mitnehmen. Wie gehen Sie in dem Fall vor? Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Mich haben Familienunternehmer beauftragt, weil sie selbst keine Lust mehr hatten, in ihre Firma zu gehen. Sie wünschten sich eine andere Unternehmens- kultur, um wieder gerne in ihrem Unternehmen zu sein. Damit das möglich ist, muss man Men- schen um sich haben, die ebenfalls für die Sache brennen und mit der gleichen inneren Haltung (WARUM) unterwegs sind. Die Zusammenstel- lung des passenden Teams (WER) und das Mit- einander (WIE) sind entscheidend. Wie erkenne ich aber, wer, wie und warum ins Team passt? Die Voraussetzung ist, dass sich jeder traut sich so zu zeigen, wie er oder sie wirklich ist. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und ich helfe Menschen dabei sich selbst in ihren Stärken zu erkennen, um sich dann zu zeigen. Das fängt schon im Recruiting an. Personalgewinnung ist ein großes Thema und immer mehr Unternehmen setzen auf moderne Ausstattung. Wie wichtig ist das? Das ist keine Lösung der Probleme. Firmen geben mitunter viel Geld für modernste Kaffee- maschinen, coole Möbel und Telefonzellen aus, was sehr schön ist, aber nicht glücklicher macht. Wenn wir das Gefühl haben, als Mensch nicht gesehen zu werden, dann nützt auch alles im Außen nichts. Das ist wie in einer Beziehung. Du hast eigentlich alles, bist aber nicht glück- lich. Jeder denkt, du hast ein geiles Leben, aber in Wahrheit fühlst du dich innerlich leer. Dann möchtest du nicht bleiben. Auch in Firmen geht es vielmehr um das, was zwischen den Zeilen steht. Wenn der Chef nicht mehr zum Feierabendbier vorbeikommt, denken die Mit- arbeitenden mitunter, dass sie ihm nicht mehr so wichtig sind. Es geht meistens nicht um die leere Hülle, sondern um Fülle in den Beziehungen. Früher trugen Sie selbst viel Personal- verantwortung, heute begleiten Sie Unterneh- men mit Ihrer Methode, dem Mimik-Recruiting, in Bewerbungsgesprächen. Erleben Sie das nun anders? Eindeutig ja! Heute beauftragt man mich unter anderem, damit ich die Recruiting-Gespräche führe oder beobachte und anschließend meine Einschätzung mitteile. Vielleicht kennen eini- ge Unternehmer, was ich jetzt beschreibe. Mir ging es früher als Geschäftsführerin so, dass ich manchmal in Mitarbeiter- oder Bewerbungs- gesprächen saß und ein seltsames Bauchgefühl hatte, aber nicht benennen konnte, woran es lag. Durch meine Ausbildungen im Bereich Mimik und emotionaler Intelligenz sehe ich die Fakten. Ein negatives Gefühl kann zum Beispiel daran liegen, dass mein Gegenüber zwar mit A auf meine Frage antwortet, aber seine Stimme, Körperhaltung und Mimik ganz klar B zeigen. In dem Moment konkurrieren zwei Wahrnehmungen miteinander - das, was die Person mich glauben lassen möchte und das, was ich erlebe. Früher hätte ich nur das LABEL 56 41