LABEL 56 56ER UND IHR SCHREIBTISCH traurig, andererseits möchte ich natürlich alles in meiner Macht Stehende tun, um zu helfen. Doch es gibt auch Schwerstbehinderungen und Spastiken, sodass die Kinder ihren Körper nicht koordinieren können und wo reflektorisch der Mund immer wieder zugeht oder Anspannung und Panik vorliegen. Schwierig ist es für beide Seiten, wenn ich überhaupt keine Verbindung herstellen kann zu dem Kind. Alles andere ist kein Problem, die Kinder haben genauso Spaß bei uns wie alle anderen. Gerade weil sie Kinder so sehr lieben, setzt Ihnen bestimmt auch einiges zu. Ja, auch heute noch. Ich kann Erlebtes nicht abschütteln, sondern nehme das mit nach Hause und ich habe schon viele Tränen ver- gossen wegen Kindern, die wirklich krank waren. Ich bin auch zu Beerdigungen dieser Kinder gegangen. Das gehört dazu, nimmt mich als emotionalen Familienmenschen aber sehr mit. Lässt sich die starke Familienverbunden- heit und Harmonielie- be auf Ihre Wurzeln in Zypern zurückführen? Das ist möglich, denn Familie hatte bei uns seit jeher einen besonderen Stellenwert. Meine Eltern sind mit meinen Brüdern und der Kinder- frau nach Deutschland gekommen, ich wurde in Koblenz geboren und wir hatten sonst nieman- den hier, nur uns. Der Rest der Familie lebt in London, Kanada oder Zypern, wir standen uns hier also sehr nah. 42 Wie kam es dazu, dass sich Ihre Eltern ein Leben in Deutschland aufgebaut haben? Mein Vater wollte Medizin studieren, was in Zy- pern damals leider nicht möglich war. Er hat bis zum Physikum in Athen studiert und dann sein Medizinstudium in Wien beendet. Als er fertig war, kam er nach Zypern, heiratete meine Mutter und gemeinsam gingen sie nach Wien zurück, wo mein Vater seinen Facharzt machte. Ich ver- binde mit meinen Wurzeln eher Wien denn Zy- pern, auch wenn wir die Sommer dort verbrach- ten. Mit einem anderen Zwischenstopp in Deutschland, kam mein Vater schließlich nach Koblenz in den Stift, war dort viele Jahre der Oberarzt und leitete die Geburtshilfe. Später hat er sich mit einer eigenen Praxis niedergelassen und ging mit 68 in Rente. Koblenz ist demnach Ihre Heimat? Auf jeden Fall, ich bin ein Schängelchen und Koblenz sehr verbun- den. Ich liebe es, wenn ich aus dem Urlaub komme oder auch von einer anderen Stadt und die Zubringer oder am Rhein oder an der Mosel entlang fahre und meine Stadt sehe. Dann geht mir das Herz auf. Ich bin keine Großstadt- pflanze und mag keine Anonymität. Wenn ich bei schönem Wetter durch Koblenz gehe, treffe ich immer auf Bekannte. Wir haben hier so viele schöne Plätze, an denen man sich mit Freunden hinsetzen und am Wochenende komplett die Zeit vergessen kann. In meinem Beruf hat man wenig Freizeit, deshalb ist es umso schöner, wenn man diese direkt am gleichen Ort genie- ßen kann.